Gesang und Kerzen für die Ukraine

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Tausende Zürcherinnen und Zürcher versammeln sich auf dem Münsterhof und setzen ein Zeichen der Solidarität: Meine Eindrücke von der Kundgebung am 28.02.2022

Kerzen, Far­ben, Lichter – Gesang, Reden, Zusam­menge­hörigkeits­ge­fühl. Mit über 10’000 Beteiligten zeigten die Zürcherin­nen und Zürcher heute ihre Sol­i­dar­ität gegenüber der Ukraine. Der Mün­ster­hof vor dem Fraumün­ster, auf welchem Men­schen dicht aneinan­der ste­hen, Per­so­n­en, deren Wan­gen blau-gelb bemalt, deren Hände Kerzen, Lichter, Schilder und Trans­par­ente hal­ten, und deren Augen alle­samt auf die Bühne gerichtet sind, ver­wan­delt sich in eine Gemein­schaft. Eine Gemein­schaft, deren Teil­nehmer und Teil­nehmerin­nen unter­schiedlich­er nicht sein kön­nten, deren Ziel jedoch gle­ich ist: Ein Zeichen gegen den Krieg, gegen den rus­sis­chen Präsi­den­ten Putin und für den Frieden zu setzen. 

Demon­stran­ten und Demon­stran­tinnen mit Schildern/ Foto: Annabel­la und Lelia

«I have a dream…» — mit diesem Zitat steigt Olga Feld­meier in ihre Rede ein. Die ukrainis­che Unternehmerin rus­sis­ch­er Abstam­mung spricht vom Traum vom Frieden zwis­chen Rus­s­land und der Ukraine. Sie spricht von Brüder­lichkeit zwis­chen zwei Län­dern, deren Flaggen zwar ver­schieden, das Streben nach Frieden jedoch von den Bürg­erin­nen und Bürg­ern bei­der geteilt wird. mit densel­ben Worten war schon Mar­tin Luther King am 28. August 1963 in seine Rede eingestiegen. In dieser erläuterte er vor über 250’000 Men­schen seinen Traum von einem friedlichen Zusam­men­leben. Egal, ob weiss oder schwarz, er wün­schte sich, dass man eines Tages gemein­sam an einem Tisch sitzen kön­nte, in Frieden. Über­all wird geklatscht, Men­schen rufen «Slawa Ukra­ji­ni!». Stim­men von Kindern, empörte Aufrufe und die jubel­nde, den Redner*innen zus­tim­mende Menge. 

Meine Gefüh­le sind gemis­cht. Ein­er­seits erfreut mich das zahlre­iche Erscheinen der Men­schen, die Friedlichkeit, sowie das Gefühl von Stärke inner­halb unser­er Gemein­schaft. Es beruhigt im Kon­trast zur Aufruhr um den Krieg, Men­schen mitzuer­leben, welche sich zusam­menge­fun­den haben, und trotz allem Übel noch Hoff­nung und ein Lächeln auf ihrem Gesicht haben. Ander­er­seits jedoch empfinde ich gross­es Mitleid und tiefe Trauer für die Men­schen in der Ukraine, sowie für ihre Ver­wandten und Fre­unde, welche derzeit in Angst, Trauer und ein­er schein­bar unüber­wind­baren Ungewis­sheit leben. Ich, sowie viele andere, fra­gen sich: «Wann wird der Krieg endlich enden?», «Wie wird sich die Sit­u­a­tion entwick­eln?» «Wie viele unschuldige Zivilis­ten wer­den dem Krieg geopfert?» 

Fra­gen über Fra­gen, Antworten fehlen. 

In meinem Umfeld ist Verzwei­flung, Über­forderung und Fas­sungslosigkeit zu spüren und auch die Kundge­bung wird von gemis­cht­en Gefühlen begleit­et, was beson­ders während den Reden zu spüren ist. 

Anschliessend an die Reden der ukrainis­chen Vertreter und Vertreterin­nen, betritt die SP-Stadt­präsi­dentin Corine Mauch die Bühne. Auch sie ver­sucht die Trauer und Wut in Worte zu fassen. Das Ver­hal­ten des «rus­sis­chen Autokrat­en-Regimes» nen­nt sie «dreist», «voller Lügen» und «niederträchtig». Putin per­sön­lich müsse für den Angriff­skrieg zur Rechen­schaft gezo­gen wer­den. Zwis­chen ihren Sätzen sind Klatschen und zus­tim­mende Worte zu hören.

Der Haupt­teil der Kundge­bung ist mit den Schluss­worten der Stadt­präsi­dentin zu Ende. Nun wer­den Gassen gebildet, und Men­schen ver­lassen nach und nach den Platz. In zahlre­ichen Eck­en spielt tra­di­tionelle ukrainis­che Musik und einige Ukrainer­in­nen und Ukrain­er for­men ein Herz aus angezün­de­ten Kerzen auf dem Boden, während Töne des Liedes «Без бою» (Bez boyu), was über­set­zt so viel wie «kampf­los» bedeutet, erklin­gen, welchem dutzende Stim­men einen Charak­ter ver­lei­hen. Der Inhalt des Liedes ist inspiri­erend und schenkt Hoff­nung, um in solch ein­er schwieri­gen Sit­u­a­tion stark zu bleiben. Denn genau das soll­ten wir alle tun. 

Herz aus Kerzen: ein Zeichen der Solidarität/ Foto: Daria Semenova/
Bear­beit­et von: Elias Baumann

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