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Interview

“Don’t stay silent!” — Unser Videocall mit Tatiana und Evgenie

Am Don­ner­stag, 3.3.2022, hat­ten wir die Möglichkeit, uns online mit Tatiana und Evge­nie aus der Ukraine zu unter­hal­ten. Sie arbeit­en als Soft­wa­reen­twick­ler für ein Schweiz­er Unternehmen und leben eigentlich bei­de in Dnipro, nur 80 km von der rus­sis­chen Gren­ze entfernt.

Im Gespräch zeigte sich schnell, wie sehr sie unter der momen­ta­nen Krisen­si­t­u­a­tion lei­den. Sie sagten uns, dass sie kaum mehr schlafen kön­nten, stattdessen mit­ten in der Nacht durch ihre News­feeds scroll­ten und ständig Angst vor schlecht­en Nachricht­en hät­ten. Bei­de fürcht­en vor allem um ihre Näch­sten, um ihre Fam­i­lien, Fre­unde, Kolleg:innen, die teil­weise noch in Kiew und anderen grösseren Städten sind.

Wir kön­nen uns nicht vorstellen, wie schlimm dieser Zus­tand für sie sein muss, und waren alle sehr betrof­fen. Wir kon­nten natür­lich ver­ste­hen, dass sie jede kle­in­ste Mel­dung ver­fol­gen und ständig nach Neuigkeit­en suchen.
Evge­nie befind­et sich im Moment in Polen, ohne seine Fam­i­lie. Seine Frau und Kinder sollen noch mit dem Zug aus dem Osten der Ukraine zu ihm kom­men. Er befand sich zum Zeit­punkt des Angriffes in Afri­ka und kon­nte direkt nach Warschau in Polen fliehen. Momen­tan sucht er nach ein­er langfristi­gen Unterkunft.

Während­dessen befind­et sich Tatiana mit ihrem 7 Monate alten Kind noch in Dnipro. Sie und ihre Fam­i­lie hat­ten Glück, Rake­te­nan­griffe in Dnipro gab es nur in den ersten Tagen von Putins Angriff­skrieg und ihnen passierte nichts, mit­tler­weile ist es dort rel­a­tiv ruhig.

Karte der Ukraine. Siehe Dnipro. Quelle: Key­stone-SDA: Ger­hard Riezler

Evge­nie und Tatiana erzählten auch, dass in grossen Teilen der Ukraine Rohstoffe wie Gas sehr knapp sind, viele Men­schen hät­ten kein fliessendes Wass­er, doch das Inter­net und Tele­fon funk­tion­ierten zum Glück noch. Die Infra­struk­tur wie Flughäfen wurde grössten­teils zerstört. 

Bild aus dem Videoan­ruf: Oben links: Evge­nie, Oben rechts: Tatiana; Unten rechts: Onlinezeitungsredaktion

Auf unsere Frage, wie wir den Ukrainer:innen helfen kön­nten, haben sie geant­wortet: “Don’t stay silent! Stay­ing qui­et makes it even eas­i­er for the evil.” Wir soll­ten unser­er Regierung zeigen, dass wir nicht ein­ver­standen sind mit dem, was momen­tan in der Ukraine geschieht — und dass unsere Regierung helfen muss. Wir soll­ten auf Kundge­bun­gen gehen, Peti­tio­nen unter­schreiben wie eine laufende, von Ukrainer:innen ini­ti­ierte, die fordert, dass der Luftraum über der Ukraine von der NATO ges­per­rt wird. Wir soll­ten auch schauen, was wo gebraucht wird, und wenn wir kön­nten, dies den Betrof­fe­nen zukom­men lassen.

03.03.2022: Demon­stran­ten bei ein­er Kundge­bung; Quelle: KEYSTONE/DPA/Daniel Reinhardt

Wir wün­schen keinem ein solch­es Schick­sal und hof­fen sehr, dass Tatiana und Evge­nie und ihre Fam­i­lien in Sicher­heit bleiben und dieser furcht­bare Krieg bald endet!

Ukrainekrise: Wie denken Russen und Russinnen darüber?

Allgemein von

Momen­tan hat sich­er jed­er Men­sch vom Krieg in der Ukraine gehört. Man sieht bere­its auch hier in der Schweiz und in Europa nach ein­er Woche starke Auswirkun­gen. Viele ste­hen zurzeit gegen Rus­s­land und so auch gegen die Russen/Russinnen. Wer­den zurzeit vor­eilig Urteile gezo­gen und man gibt der rus­sis­chen Bevölkerung die Schuld an allem? Aber kann die rus­sis­che Bevölkerung denn etwas dafür, dass die Ukraine ange­grif­f­en wird? Wir haben ein paar Mitschüler/innen mit rus­sis­ch­er Herkun­ft und deren Fre­unde oder Fam­i­lien, die zum Teil auch sel­ber in Rus­s­land wohnen, gefragt, wie sie die ganze Sit­u­a­tion erleben. 

rgnews: Wie ste­hen du und deine Fam­i­lie zum Krieg?

L.H. am RG: Wir sind alle gegen diesen Krieg. Krieg ist unmen­schlich und nie die richtige Lösung.

rgnews: Wie ist die Lage dein­er Ver­wandten in Rus­s­land, falls du welche hast? Haben die Sank­tio­nen des West­ens starke Auswirkun­gen für deine Fam­i­lie? Wenn ja, welche und in welch­er Form?

L.H. am RG: Die Pro­duk­te wer­den immer, teur­er und ich kann meinen Ver­wandten kein Geld über­weisen. Eben­falls ist es schwierig, sie zu besuchen, da das mit den Flü­gen ein gross­es Prob­lem ist. Meine Bekan­nten kön­nen eben­falls nicht zu uns hier in die Schweiz kommen.

rgnews: Hast du hier in der Schweiz in irgen­dein­er Form Diskri­m­inierung gespürt, erlebt? Oder deine Fam­i­lie in Rus­s­land wegen ein­er anderen Mei­n­ung eine Art von Dif­feren­zierung erlebt?

L.H. am RG: Unsere Nach­barin hier in der Schweiz hat uns auf der Strasse ignori­ert, sie hat uns nicht gegrüsst. Jedoch tut sie das nor­maler­weise immer.

L.H aus ein­er 4.Klasse

rgnews: Wie ste­hen du und deine Fam­i­lie zum Krieg?

I.A. aus De: Wir find­en es sehr trau­rig, dass es in 2022 noch Krieg gibt. Jedoch ist es eben­falls sehr schade anzuse­hen, wie viele selb­st in dieser Sit­u­a­tion noch Lügen zum Krieg verbreiten

rgnews: Wie ist die Lage dein­er Ver­wandten in Rus­s­land, falls du welche hast? Haben die Sank­tio­nen des West­ens starke Auswirkun­gen für deine Fam­i­lie? Wenn ja, welche und in welch­er Form?

I.A. aus De: Meine Fam­i­lie in Rus­s­land hat Angst vor einem grossen Krieg und ist sehr erschüt­tert darüber, dass nun viele alle Russen/Russinnen als Ver­brech­er betrachten.

rgnews: Hast du hier in der Schweiz in irgen­dein­er Form Diskri­m­inierung gespürt, erlebt? Oder deine Fam­i­lie in Rus­s­land wegen ein­er anderen Mei­n­ung eine Art von Dif­feren­zierung erlebt?

I.A. aus De: Ich bin aus Deutsch­land, aber auf der Arbeit spüre ich neuerd­ings, dass meine Mitarbeiter/innen mich anders anse­hen und mit mir anders umge­hen. Eben­falls kam vor kurzem eine ältere Dame zu mir in die Bäck­erei; sie kon­nte nur ein wenig Deutsch, aber ich erkan­nte, dass sie Russin war. Ich ver­suchte ihr auf rus­sisch weit­erzuhelfen. Sie war glück­lich darüber und danach erzählte sie mir, dass sie selb­st momen­tan ziem­lich Angst habe, ihre eigene Mut­ter­sprache zu reden. 

I.A. aus Deutschland

rgnews: Wie ste­hen du und deine Fam­i­lie zum Krieg?

T. 4.Klasse: Meine Fam­i­lie und ich sind gegen diesen Krieg und find­en es sehr trau­rig. Jedoch find­et jemand auch, dass die Ukraine die Men­schen in der Region Don­bass mis­shan­delt habe.

rgnews: Wie ist die Lage dein­er Ver­wandten in Rus­s­land, falls du welche hast? Haben die Sank­tio­nen des West­ens starke Auswirkun­gen für deine Fam­i­lie? Wenn ja, welche und in welch­er Form?

Schüler Gym­na­si­um K&S: Es ist noch zu wenig Zeit ver­gan­gen, um grosse Auswirkun­gen zu sehen. Jedoch wurde die Währung stark bee­in­flusst, und alles wird teurer.

rgnews: Hast du hier in der Schweiz in irgen­dein­er Form Diskri­m­inierung gespürt, erlebt? Oder deine Fam­i­lie in Rus­s­land wegen ein­er anderen Mei­n­ung eine Art von Dif­feren­zierung erlebt?

T. 4.Klasse: Die erste Frage die mir immer gestellt wird, wenn ich sage, dass ich rus­sis­che Wurzeln habe: “Magst du Putin?” Es ist schade, denn ich mag die rus­sis­che Kul­tur, doch ich finde, dass Putin nicht mehr der Mann von früher ist. Früher hat Putin Rus­s­land stark gestärkt, doch mit diesem Krieg beweist er nur, dass man ihn abwählen sollte.

T. 4.Klasse RG und Schüler Gym­na­si­um K&S
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